„Kinderschutz ist kein zentrales Ziel der strafrechtlichen Abklärung.“
Das Konzept Childhood-Haus:
Eine Lösung im Sinne des Kindes
Das wesentliche Ziel besteht darin, mit dem Childhood-Haus in Deutschland eine gut strukturierte, koordinierende zentrale Anlaufstelle zu etablieren, die alle notwendigen interdisziplinären Professionen unter einem Dach in ihrer Zusammenarbeit vereint, um damit eine möglichst optimale Versorgung für Kinder und Jugendliche mit Missbrauchserfahrungen zu sichern.
Es geht damit im Ermittlungsverfahren nicht mehr ausschließlich nur um die Wahrheitsfindung, sondern auch um das Wohlbefinden des betroffenen Kindes.
Status Quo in Deutschland
- Mehrfache Kindesbefragung durch verschiedene Institutionen an unterschiedlichen Orten
- Ungenügende Koordination/Kooperation zwischen involvierten Institutionen
- Fehlen eines interdisziplinären Handlungsansatzes
- Fehlen von geeigneten Richtlinien für Arbeitspraxis
- Kinder müssen immer noch vor Gericht aussagen
- Mangel an speziell geschultem Fachpersonal für die Befragung von missbrauchten Kindern
- Risiko von unsensiblem Umgang mit dem betroffenen Kind durch Befragungssituationen
- Hohes Risiko der Re-Traumatisierung (re-victimization)
Im Childhood-Haus
- Möglichst wenige Kindesbefragung im Childhood-Haus
- Koordination und Kooperation zwischen involvierten Institutionen
- Interdisziplinärer Handlungsansatz
- Klare Richtlinien für eine Arbeitspraxis im Sinne des Kindes
- Kinder sollten vor Gericht nicht mehr aussagen müssen
- Kindeswohl immer zentraler Dreh- und Angelpunkt der Arbeitsweise
- Geringes Risiko für eine Re-Traumatisierung


– Dr. Matthias Bernhard, Ärztlicher Leiter der Interdisziplinären Kinderschutzgruppe des Departments für Frauen- und Kindermedizin und Oberarzt der Neuropädiatrie der Unikinderklinik
Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Empfehlungspapier
PM UBSKM 2016
- Gericht und Polizei
- Medizin
- Kinder- und Jugendpsychologie und -psychiatrie
- Kinderschutz und Jugendamt
Ferner gibt es im Childhood-Haus Räume, in denen sich Fachkräfte aus allen Bereichen zu jeder Zeit abstimmen und austauschen können.
Die Befragung
Eine Aussage dank Technik
Um es dem Kind zu ersparen, seine Geschichte vielen unterschiedlichen Menschen immer wieder erzählen zu müssen, wird das Interview in einem angrenzenden Raum von weiteren Fachkräften wie beispielsweise aus der Polizei, dem Jugendamt, der Staatsanwaltschaft, Fachanwälten, der Verteidigung und bei Wusch auch dem/der Täter/in verfolgt. Alle dort anwesenden Personen können über Technik Fragen an den Richter/die Richterin weitergeben. Die Befragung wird audiovisuell aufgenommen und können bei Gericht in der Hauptverhandlung als Beweismittel aufgerufen werden, sollte es zu einer Anzeige kommen.
Dann muss das Kind nicht bei Gericht erscheinen.
Medizinische Untersuchung
Beratung
Zusätzlich wird in einem Childhood-Haus auch eine Unterstützung/Beratung für betroffene Kinder und deren Eltern oder andere Familienmitglieder durchgeführt. Diese Unterstützung erfolgt durch entsprechend ausgebildete Fachkräfte. Bei Bedarf überweisen Fachkräfte auch an externe Fachberatungsstellen. Im Childhood-Haus Berlin werden Kinder und Jugendliche auch langfristig im Rahmen der Traumaambulanz im Childhood-Haus betreut.
Zielgruppe
PM UBSKM 2016
Empfehlungspapier
Kooperationspartner
Zu den Kooperationspartnern der interdisziplinären Arbeitsprozesse im klinischen Bereich zählen Kinderheilkunde, Kinderchirurgie, Gynäkologie, Rechtsmedizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Erwachsenenpsychiatrie, Psychologie und Sozialarbeit/-pädagogik. Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter/innen kommen hinzu, wenn ein familien- oder strafrechtliches Verfahren veranlasst wurde. Im Vorbereitungsprozess auf ein Childhood-Haus bilden die Vertreter/innen Arbeitsgruppen und erarbeiten neue Abläufe und Prozesse, um Fälle zukünftig professionsübergreifend zu bearbeiten.
Entstehungsgeschichte
Das Barnahus entstand aus dem Child Advocacy Model, das in den 1980er Jahren in den USA entwickelt wurde. Das erste Barnahus auf europäischem Boden wurde 1998 in Reykjavik errichtet, dann folgten andere skandinavische Länder (Schweden 2005, Norwegen 2007, Grönland 2011, Dänemark 2013). Ein erstes Childhood-Haus wird in Deutschland im Herbst 2018 in Leipzig eröffnet, weitere Häuser sind in Hamburg am Universitätsklinikum Eppendorf, in Berlin an der Charité und in Heidelberg in Vorbereitung.
PROMISE
PROMISE ist ein Zusammenschluss von verschiedenen europäischen Organisationen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Etablierung des Barnahus Modells – in Deutschland „Childhood- Haus“ genannt – auf europäischer Ebene zu fördern. Ziel ist es, das Recht von Kindern auf Schutz vor sexueller Gewalt zu stärken und darüber hinaus Unterstützung und Beteiligung zu gewährleisten. Wenn Sie mehr erfahren möchten, klicken Sie hier.
